Bingen, 9. November 2021. Die Reh Kendermann Weinkellerei GmbH setzt ihre gute Entwicklung der letzten Jahre weiter fort und erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020/21 (1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021) einen Gruppenumsatz von 95 Millionen Euro. Dies bedeutet einen Umsatzzuwachs von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Bingen vollendete die Kellerei den ersten Bauabschnitt planmäßig und nahm das neue Tanklager in Betrieb. Im Laufe des 1. Halbjahres 2022 startet der zweite Bauabschnitt mit dem Neubau von Kasino und Aufenthaltsräumen. Die Fertigstellung des Gesamtprojekts ist für Ende 2023 geplant.

 „Vor einem Jahr hatte ich gesagt, wir würden aufgrund von Covid-19 ein besonderes Geschäftsjahr erleben“, erinnert sich Geschäftsführer Alexander Rittlinger, „das Geschäftsjahr 2020/21 aber hat das noch einmal getoppt.“ Lockdown über Monate hinweg, reduzierte Begegnungen mit anderen Menschen, Homeoffice und viele andere Einschränkungen zur Eindämmung der Virusausbreitung haben das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben erheblich beeinflusst: „Die Herausforderungen für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter, die unsere strengen Hygieneauflagen und Sicherheitskonzepte vorbildlich umgesetzt haben, waren enorm“, so Alexander Rittlinger. Hinzu kamen die Branche belastende Dauerthemen wie starker Preisdruck – sogar verschärft durch die Corona-Lockdowns – Strukturwandel im Einzelhandel und Brexit. Dennoch ist Alexander Rittlinger mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr sehr zufrieden: „Wir haben uns über die gesamte Gruppe hinweg positiv entwickelt. Vor allem ist es uns gelungen, die Digitalisierung weiter voranzutreiben und uns mit den Themen Nachhaltigkeit und Innovation ganz klar zu positionieren.“ Sehr erfreulich ist, dass Deutscher Wein national und international wieder deutlich an Beliebtheit zugenommen hat.

Weiter erfolgreich entwickelten sich die internationalen Tochtergesellschaften und Beteiligungen von Reh Kendermann. Yapp Brothers aus England und North South Wines (NSW) setzen ihren positiven Kurs fort. „Zwar war coronabedingt insbesondere die Gastronomie rückläufig, aber der Online-Handel konnte dies mehr als kompensieren“, erläutert Alexander Rittlinger. Mit sehr gut bewertet der Geschäftsführer die Entwicklung des rumänischen Weinguts Crama Oprisor von Reh Kendermann. Die Verluste während des Lockdowns im Frühjahr 2020 konnten nach Öffnung der Gastronomie voll ausgeglichen, sogar überkompensiert werden. Sowohl das Premium- als auch das Mittelpreissegment profitierten stark. Insgesamt erzielte Rumänien ein Plus von mehr als zehn Prozent.

Stark beeinträchtigt durch eine fast zweimonatige Schließung der Häfen in Südafrika war das eigene Weingut Napier. Dennoch gelang es, deutliche Umsatzzuwächse zu erzielen und das Geschäftsjahr ausgeglichen abzuschließen. „Wir sind dort auf einem guten Weg“, ist Alexander Rittlinger überzeugt. Ziel ist es, sich künftig vorwiegend auf Premiumweine und Projekte zu konzentrieren.“ Daher hat Reh Kendermann jüngs 40 Hektar Anbaufläche verkauft, um Neuanpflanzungen und technische Investitionen in Wellington vorzunehmen.

Premium weiter stark

Die Fokussierung auf das Premiumsegment auch in Südafrika ist die konsequente Fortsetzung der Qualitätsstrategie der Binger. „Unsere Premium- und Terroirkonzepte, die wir für unsere Kunden im In- und Ausland umsetzen, entwickeln sich durchweg sehr gut“, hebt Alexander Rittlinger hervor. „Der bereits vorhandene Trend zu Premium hat sich während der Pandemie verstärkt. Wir gehen fest davon aus, dass die Nachfrage hier weiter steigt.“  Sehr erfolgreich zeigte sich die 2019 für den deutschen und ausländischen Markt gelaunchte Serie „Weinhaus Reh Kendermann.“

Export erholt sich

Im vorvergangenen Geschäftsjahr lag erstmals in der Geschichte der Reh Kendermann-Gruppe das Inlandsgeschäft über dem Export. Dies setzte sich im Berichtsjahr fort, der Ausfuhranteil liegt knapp unter 50 Prozent. Nach wie vor exportiert Reh Kendermann in 39 Länder. Deutlich erholen konnte sich das Asien-Geschäft, das zu Beginn der Pandemie fast vollständig zum Erliegen gekommen war. Auch in den USA und Kanada legte Reh Kendermann wieder zu. In Skandinavien und im Baltikum war die Entwicklung positiv. Zwar waren in Schweden leichte Verluste zu verzeichnen, die Verkaufszahlen in Dänemark, Norwegen, Finnland und Estland legten aber erheblich zu.

Erfreulich war auch der Verlauf in UK. Dieser Markt  ist für Reh Kendermann ein wichtiger, aber kein einfacher: Der klassische LEH ist stark an den Discountern orientiert und daher preisaggressiv. „In den vergangenen Jahren war es durchaus sehr herausfordernd, diesen Markt für uns weiterzuentwickeln. Umso mehr freuen wir uns, dass es uns gelungen ist, unsere Präsenz am britischen Markt zu stärken und sogar eine tiefere Distribution zu erreichen“, erläutert Alexander Rittlinger. Dies führt er auf die im Frühjahr 2020 aufgenommene Beteiligung am britischen Weindistributeur North South Wines zurück. „Kundenstruktur und Sortimentsmix passen sehr gut zusammen.“

Markengeschäft nahezu auf ganzer Linie positiv

Black Tower nimmt wieder an Fahrt auf. Die wichtigste Marke und der Exportschlager im Portfolio der Binger Kellerei liegt unangefochten auf Platz eins der deutschen Weinmarken im Ausland. Mit dem Geschmack bekannter deutscher Rebsorten entwickelte sich die Traditionsmarke durchweg positiv und konnte teilweise sogar spürbar zulegen. Motor hierfür war aus Sicht von Alexander Rittlinger der Relaunch der Marke. Bereits in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2019/20 zeichnete sich ab, wie positiv die Verbraucher auf den neuen Look und die moderne Werbekampagne reagierten. Der Aufwärtstrend setzte sich auch im Berichtsjahr fort. „Wir konnten neue  Zielgruppen für Black Tower gewinnen.“ Für das erste Quartal 2022 planen die Binger die Einführung einer neuen Premium-Linie von Black Tower.

Ebenfalls sehr zufrieden ist Reh Kendermann mit der Entwicklung der „Weinschorle Strandgut“. Sie konnte wiederholt kräftig zulegen. „Strandgut hat sich im Markt als feste Größe etabliert“, berichtet Alexander Rittlinger. „Wir planen daher, die Marke weiter zu forcieren.“ Die rumänische Weinmarke Val Duna aus dem eigenen Weingut in Oprisor blieb stabil, lag aber unter den Erwartungen.

Leichte Verluste musste die italienische Wein- und Proseccomarke Canti, die Reh Kendermann vertreibt, hinnehmen. Nicht mehr im Sortiment führt die Kellerei die chilenische Marke Espiritu. „Chilenische Weine hatten es ebenso wie andere Überseeweine in den letzten Jahren schwer. Trotz Relaunch und intensiver Markenpflege ist es nicht ausreichend gelungen, die Verbraucher zu überzeugen.“ Lindeman’s, der Wein aus Australien, blieb stabil.

Nachhaltigkeit und Innovation vorangebracht

„Wir haben Nachhaltigkeit und Innovation als unsere Kernthemen identifiziert und sie stark vorangetrieben“, betont Alexander Rittlinger. „Beides greift für uns ineinander.“ So hat die Kellerei sowohl neue Produkte mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit auf den Markt gebracht als auch an innovativen Verpackungen und Materialien gearbeitet.

Im Frühsommer nahm Reh Kendermann eine neue Anlage in Betrieb, die 1,5-Liter-Pouches füllen kann. Diese Gebindeform ist in Ländern wie Großbritannien und Skandinavien sehr beliebt. In Deutschland hingegen bevorzugen die Konsumenten Wein in der Flasche. „Noch“, betont Alexander Rittlinger. „Ich bin überzeugt, diese Einstellung wird sich ändern, denn die Vorteile von Pouches gegenüber Glasflaschen sind enorm.“ Pouches sind leicht, unzerbrechlich, gut transportabel und flexibel sowie platzsparend in der Lagerung. Berechnungen zufolge ist der ökologische Fußabdruck aufgrund des Fliegengewichts von nur 35 Gramm bei einer Füllung mit 1,5 Liter Wein sogar um achtzig Prozent geringer als der von Wein in der Flasche. Zudem kann der Wein im Beutel und gekühlt lange ohne Qualitätseinbußen genossen werden.

Es muss nicht immer Bio sein. Davon ist Alexander Rittlinger überzeugt. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen aber nicht nur Bio, sondern weitere nachhaltige Alternativen. Deshalb brachte die Kellerei im Frühjahr 2021 mit Rewe den ersten „PiWi Cabernet Blanc“ ins Regal. Der Pionierwein steht für ein gemeinsames Engagement von Handel (Rewe), Forschung (Dienstleistungszentrum Rheinpfalz/Weincampus Neustadt an der Weinstraße) und der Kellerei. PiWi sind Rebsorten, die an die veränderten Bedingungen, die der Klimawandel mit sich bringt, angepasst sind. „Verbraucherinnen und Verbraucher wollen zunehmend verantwortungbewusst genießen und Neues probieren“, erläutert Alexander Rittlinger, „diesem Zeitgeist entsprechen PiWi ganz genau. Das Geschmacksprofil von Cabernet Blanc und die Art, wie wir den Wein ausgebaut haben, passen in die Zeit.“ Der Abverkauf in den ersten Monaten stimmt die Partner sehr zuversichtlich.

Derzeit erwartet Reh Kendermann die Fair trade-Zertifzierung des südafrikanischen Weinguts Napier. „Es war uns wichtig zu dokumentieren, dass Weine von Napier fair und nachhaltig produziert werden und der Verbraucher sich auf die hohe Qualität und die Erzeugungsbedingungen verlassen kann“, hebt Alexander Rittlinger hervor. „Wir wollen uns positiv abheben und zeigen, dass es in Südafrika auch anders geht.“

Mit „good grapes“ stellte Reh Kendermann auf der Anuga ein völlig neues Getränkekonzept vor, das dem Gedanken „too good to waste“ folgt: Good grapes basiert auf Verjus. Der gepresste Saft nicht ganz reifer, grüner Trauben bildet die Grundlage und zeichnet sich durch eine unvergleichliche herb-frische und angenehm säuerliche Aromatik aus. Good Grapes ist alkoholfrei und ohne Zuckerzusatz. Es kommt in der praktischen 275 Milliliter „on the go“-Flasche im 12er-Karton in den Handel.

Digitalisierung forciert

Deutlich vorangetrieben hat Reh Kendermann im abgelaufenen Geschäftsjahr die Digitalisierung. Das Ziel ist ambitioniert: „Wir wollen Vorreiter in der Branche sein von der Produktentwicklung bis hin zur Lieferung ins Regal“, so der Geschäftsführer. „Deshalb haben wir alle unsere Prozesse intensiv durchleuchtet und teilweise neu organisiert.“ Schon jetzt seien Erfolge deutlich spürbar, viele Abläufe effizienter. Alexander Rittlinger sieht darin eine Chance für die Kellerei. Effizienzsteigerung sei ein wichtiger Baustein zur Zukunftssicherung. „Genauso wichtig ist aber auch – und hier kommt für mich auch wieder Nachhaltigkeit ins Spiel – dass das Produkt Wein endlich wieder die Wertschätzung erhält, die es verdient, sodass entlang der Wertschöpfungskette alle Beteiligten davon leben können“, betont Alexander Rittlinger. „Wir sind schließlich konfrontiert mit stetig steigenden Kosten beispielsweise im Einkauf, und der Handel zeigt nicht immer Bereitschaft, dieser Situation gerecht zu werden und die Verkaufspreise entsprechend zu erhöhen.“  Zudem will er aber auch sämtliche Geschäfte konsequent auf ihre Rentabilität hin überprüfen, gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen auf die Beschaffungssituation für Weine und Umschließungsmaterialien.

Standort wächst

Pünktlich zu Beginn des Herbstes konnte Reh Kendermann das neue Tanklager in Betrieb nehmen. Auf einer Fläche von etwa 1.800 Quadratmetern befinden sich fast sechzig Gär- und Drucktanks für mehr als 5,5 Millionen Liter Wein. Der neue Keller ist über eine Brücke direkt mit dem alten verbunden. Das hält die Wege kurz und verbessert die Abläufe erheblich. Umfuhren aus dem früheren Keller in der Pfalz beispielsweise entfallen völlig. „Durch die kluge und nachhaltige Planung werden wir große Mengen an CO2 einsparen“, ist Alexander Rittlinger überzeugt. Im Frühjahr 2022 beginnt der zweite Bauabschnitt mit dem Neubau von Kasino und Aufenthaltsräumen. Im Anschluss folgt die Modernisierung des Verwaltungsgebäudes. Ende 2023 soll das gesamte Bauprojekt fertig gestellt sein. Alexander Rittlinger ist schon jetzt sicher: „Das wird eines der schönsten Grundstücke im Gewerbegebiet sein.“

„Die Neuorganisation am Standort wird uns weiter voranbringen“, betont Alexander Rittlinger. Zufrieden ist er auch mit der Aufstellung des Unternehmens insgesamt: „Gerade die verschiedenen Standbeine und die damit verbundene Risikostreuung haben dazu beigetragen, dass Reh Kendermann nicht nur die Corona-Krise gut bewältigen konnte, sondern wir optimistisch in die Zukunft schauen.“